Unfallflucht (auch Fahrerflucht) ist ein Verkehrsdelikt, das im deutschen Strafrecht in § 142 des Strafgesetzbuchs (StGB) unter der Bezeichnung unerlaubtes Entfernen vom Unfallort aufgeführt wird.

Der Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort ist wie Paragraf 142 seit seiner letzten Veränderung am 1. April 1998 wie folgt festgehalten:

(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich

1. nach Ablauf der Wartefrist (Abs. 1 Nr. 2) oder
2. berechtigt oder entschuldigt

vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Abs. 1 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, dass er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.

(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Abs. 3).

(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.

Für die Fahrerflucht gilt ein Regelstrafrahmen von einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe. Beim unerlaubten Entfernen vom Unfallort nach § 12 Absatz 2 StGB handelt es sich damit eindeutig um ein Vergehen. Mit dem Tatbestand hatte der Gesetzgeber den Schutz des Vermögens von Unfallgeschädigten im Sinn: die Strafbarkeit der Unfallflucht soll sichern, dass Geschädigte ihre Ansprüche gegen den Schädiger durchsetzen können. Der Täter hat verschiedenen Pflichten nachzukommen, die dazu dienen sollen, dem Geschädigten die notwendigen Informationen über den Unfall und seinen Hergang zu verschaffen. Andere sehen in diesem extra definierten Strafbestand den Zweck , Selbstjustiz im Straßenverkehr zu verhindern. Der Geschädigte könnte ansonsten dem flüchtigen Täter folgen wollen.

Entstehungsgeschichte der Unfallflucht

Bereits in der Frühzeit des Automobils tauchte das Problem auf, dass sich ein an einem Unfall Beteiligter aufgrund der Schnelligkeit der neuartigen Fahrzeuge schnell vom Unfallort entfernen konnte, ohne dabei identifiziert zu werden. Die Beschilderung der Auto in Form von Autokennzeichen hat sicher dazu beigetragen, die Identifikation zu verbessern, aber  schlechte Sichtverhältnisse und ein möglicher Schockzustand im Falle eines Unfalls stehen dem entgegen. Daher wurden erste Schritte unternommen und Verordnungen erlassen, die die Beteiligten eines Unfalls dazu verpflichteten, nach dem Unfall anzuhalten und Hilfe zu leisten.

1909 wurde in Deutschland ein erstes solches Gesetz erlassen. Nach § 22 des Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen (KFG) wurde „der Führer eines Kraftfahrzeuges, der nach einem Unfalle es unternimmt, sich der Feststellung des Fahrzeugs und seiner Person durch die Flucht zu entziehen,“ mit Geldstrafe oder mit einer Gefängnisstrafe sanktioniert. Der Täter blieb aber straflos, „wenn er spätestens am nächstfolgenden Tage nach dem Unfall Anzeige bei einer inländischen Polizeibehörde erstattet und die Feststellung des Fahrzeugs und seiner Person bewirkt.“

Mit der Verordnung zur Änderung der Strafvorschriften über fahrlässige Tötung, Körperverletzung und Flucht bei Verkehrsunfällen vom 2. April 1940 wurde § 22 KFG aufgehoben und unter Ausdehnung auf alle Verkehrsteilnehmer als § 139a in das StGB eingeführt. Zweck der Reform, die zu einer Strafschärfung führte, war laut Staatssekretär Roland Freisler die Feigheit, die das Fliehen vom Unfallort kennzeichne. Freisler ist die Speerspitze der Nazi-Justiz gewesen, dessen Auswirkungen auf die Bundesgesetzgebung noch bis heute zu spüren sind, unter anderem im erwähnten Fahrerflucht-Paragraf. Dennoch wurde die Vereinbarkeit der Norm mit dem Grundgesetz bestätigt, sodass sie am 4. August 1953 als § 142 StGB fortbestand.

Zum Ende des 20.Jahrhunderts wurde speziell über die Einführung einer tätigen Reue diskutiert. Nach mehreren Entwürfen wurde diese auf Initiative des Landes Rheinland-Pfalz in die Ausarbeitung des sechsten Strafrechtsreformgesetzes aufgenommen. Am 1. April 1998 trat das Reformgesetz in Kraft und erweiterte § 142 StGB um einen Absatz, der dem Täter die Möglichkeit stellte, nach Vollendung des Delikts durch Verhalten, das im Interesse des Unfallgeschädigten liegt, Straflosigkeit oder wenigstens eine Strafmilderung zu erlangen. Allerdings blieb auch diese Gesetzesänderung nicht ohne Kritik. Hier ist noch Spielraum für weitere Änderungen. Vor allem vor dem erschreckenden Hintergrund, dass Fahrerflucht kein Kavaliersdelikt ist und die Fallzahlen jährlich noch zunehmen, was nicht nur dem erhöhten Verkehrsaufkommen zu schulden ist.

In der Statistik des Bundeskriminalamts, die jährlich über alle in Deutschland gemeldeten Straftaten informiert, wird der Tatbestand der Fahrerflucht (§ 142 StGB) nicht erfasst. Man geht außedem von einer hohen Dunkelziffer aus. Als mitverantwortliche Ursachen hierfür gelten zu spät erkannte oder zu geringwertige Unfallschäden sowie eigenes Mitverschulden. Eine Schätzung geht von rund 250.000 eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort im Jahr aus. Die Häufigkeit der Unfallflucht nimmt mit steigender Wertigkeit des durch den Unfall verletzten Rechtsguts ab: bei Personenschäden liegt der Anteil im einstelligen Bereich, bei geringfügigen Sachschäden nimmt man eine Fluchthäufigkeit von 15 – 25 % an. Ein großer Anteil der Täter entfällt dabei auf alkoholisierte Unfallbeteiligte.

Das Risiko, erwischt zu werden, ist bisher gering. Die Aufklärungsquote für Berlin lag 2014 bei 42,3 Prozent. In den zwölf Jahren zuvor pendelte sie zwischen 41,8 und 48,0 Prozent. Die Chance der unentdeckten Flucht ist sicher ein Grund für die steigende Fall-Zahlen: Gab es 2009 noch 26715 Fluchten, waren es im 2014 schon 29203.

Setzt man diese Zahl in Relation zu den 132.718 Unfällen im gesamten Berliner Stadtgebiet, kommt zu der auch bundesweit üblichen Quote: Bei rund jedem vierten Unfall türmte einer der Beteiligten.

Folgen der Fahrerflucht

Wird ein Täter nach einem unerlaubten Entfernen vom Unfallort ermittelt, muss er für die Fahrerflucht mit empfindlichen Strafen rechnen. Gemäß Bußgeldkatalog gibt es für eine Fahrerflucht drei Punkte in Flensburg. Je nach Schwere der Tat kommen dann noch weitere Sanktionen hinzu:

Weitere mögliche Strafen

  • Freiheitsstrafe
  • Geldstrafe
  • Fahrverbot
  • Entzug der Fahrerlaubnis

Beim Parkschaden müssen Sie auf den Halter warten

Damit aus einem Parkschaden keine Fahrerflucht mit empfindlicher Strafe wird, sollten Sie mindestens 15 Minuten warten. Bis 30 Minuten gilt als zumutbare Wartezeit. Bei schwereren Unfällen sollten es sogar wenigstens zwei Stunden sein. Ein Zettel an der Windschutzscheibe hat vor Gericht leider überhaupt keine Relevanz. So ein Zettelchen wird leicht übersehen oder sprichwörtlich vom Fahrtwinde verweht. Wem das Warten aber zu lange dauert, kann die Polizei rufen. Diese nimmt den Vorfall auf und übermittelt dem Halter die Daten.

Fahrerflucht in der ProbezeitWenn der Halter in der Zeit nicht auftaucht, müssen Sie den Unfall sofort, aber spätestens innerhalb von 24 Stunden bei der nächstgelegenen Polizeidienststelle melden.

Für einen Fahrer, der sich noch in der Probezeit nach dem Erwerb des Führerschein befindet, hat der Tatbestand der Fahrerflucht noch weiter greifende Folgen.

Mögliche Folgen der Fahrerflucht in der Probezeit

  • 3 Punkte in Flensburg
  • Geldstrafe
  • Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren
  • Fahrverbot
  • Führerscheinentzug
  • Verlängerung der Probezeit um zwei Jahre
  • Nachschulung (Aufbauseminar ALFA)

Kann Fahrerflucht Verjähren?

Die meisten Straftaten gemäß StGB verjähren nach bestimmten Fristen. Dies gilt auch für die Fahrerflucht. Die Verjährung orientiert sich in diesem Fall an den Höchststrafen, die für eine Tat verhängt werden können. Im Fall des unerlaubten Verlassens des Unfallortes gilt ie Höchstgrenze von drei Jahren Freiheitsstrafe. Gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 beträgt die Verjährungsfrist für Delikte, die mit einer Freiheitsstrafe von einem bis fünf Jahre geahndet werden, fünf Jahre. Werden Täter erst nach diesem Zeitraum ermittelt, können diese strafrechtlich für diese Tat nicht mehr belangt werden.